Es geht einfach nicht mehr – nach fünf Jahren an der Spitze der Bischofsheimer SPD hat jetzt Karsten Will die Reißleine gezogen und sein Amt aufgegeben: erfrischend ehrlich und authentisch schilderte der langjährige Vorsitzende seine Beweggründe: da sind die gewachsenen beruflichen Anforderungen bei der Deutschen Bahn in Frankfurt und die persönlichen Belastungen rund um die Sanierung seines Hauses in der Friedrichstraße, die es ihm unmöglich machen, die Anforderungen, die er an sich selbst stellt auch zu erfüllen. Daneben ist er aber auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Mitglied der Gemeindevertretung. „Alles zusammen genommen ist das einfach nicht leistbar“. Kerstin Geis bedankte sich herzlich bei ihm für seinen Einsatz in den vergangenen Jahren und nahm ihm sogleich das Versprechen ab auch in Zukunft „in zweiter Reihe“ aktiv dabei zu sein. Als neu gewählter Pressesprecher und Beauftragter für das Internet sowie Verantwortlicher für den „Fuhrpark“ und den „SPD-Fundus“ wird er dafür auch ausreichend Gelegenheit haben.
Neu an der Spitze der Sozialdemokraten ist mit der 40jährigen Derya Lodge eine Frau mit Zukunft, die eine ganz neue Sichtweise in den SPD-Ortsverein bringt: in der Türkei geboren, als Tochter von Arbeitsmigranten nach Deutschland gekommen, Abitur gemacht und Jura studiert arbeitet sie heute bei der Kreisverwaltung in Offenbach – und ist seit wenigen Wochen mit einem amerikanischen Staatsbürger verheiratet: mehr Weltoffenheit geht eigentlich überhaupt nicht. Derya Lodge – und das war ihrer „Bewerbungsrede“ anzumerken, freut sich auf ihre neue Aufgabe und hat es schon geschafft die Herzen ihrer Genossinnen und Genossen im Sturm zu erobern. Einstimmig, ohne jede Enthaltung, wurde sie (zunächst einmal) für zwei Jahre gewählt. Ihr zur Seite stehen zwei gestandene Genossinnen: Landtagsabgeordnete Kerstin Geis und Gemeindevertreterin Brigitte Raab. Der neue Vorstand wird komplettiert durch Gerhard Reichmann (Kasse), Rüdiger Maurer (Schriftführung), Karsten Will (Presse und Internet), Bernd Becker (Jusos), sowie die Beisitzer Ulrich Claas, Alexander Schmidt, Marion Schmitt, Gunther Schneider, Ulrike Steinbach, Christian Weinerth und Thomas Will.
In seinem Jahresbericht ging der scheidende Vorsitzende Karsten Will auf die Ereignisse des vergangenen Jahres ein und dankte noch einmal Ulrike Steinbach für ihren engagierten Wahlkampf. Den neuen Bürgermeister müsse man an seinen Versprechungen messen, von denen bisher noch nicht viel zu sehen sei. Bei dem geplanten Park and Flyplatz am Alten Gerauer Weg sei er sogar von seiner eigenen Koalition gestoppt worden.
Kerstin Geis berichtete von der sehr engagierten Arbeit der Fraktion, die sich in ihrer neuen Rolle gefunden habe und mit klar strukturierter Sacharbeit überzeuge. Kritik übte sie erneut an der Hängepartei um das Bürgerhaus, wo es mit der von Bürgermeister Kalweit versprochenen Sanierung nicht weiter gehe.
Breiten Raum nahm an diesem Abend aber die aktuelle Bundespolitik ein. Karsten Will kritisierte die „Verdrückerpartei FDP“, wo es Herrn Lindner nur um Selbstdarstellung gehe. Die Grünen warnte er vor einem zu großen Kuschelkurs mit der CDU und seiner eigenen Partei schrieb er ins Stammbuch die Antworten auf die großen Zukunftsfragen zu finden, bevor sie über Neuwahlen oder eine Regierungsbeteiligung nachdenke. „Wir wollen mehr Gerechtigkeit – das ist zu wenig“, so Karsten Will, wir müssen sagen was das genau heißt“.
Die kommenden Wochen und Monaten werden spannend – nicht nur in Bischofsheim, sondern auch in Berlin – in diesem Fazit war man sich bei der SPD nach einer harmonischen Jahreshauptversammlung im Alten Rathaus einig.